Gummibärchen

von Gabriele Bernstein und MUTANTH

Gummibaerchen
Ein Tanztheater

Anhand der tatsächlichen Biographie einer Frau nähern sich die Akteure behutsam dem Thema Missbrauch mit den Mitteln des Tanzes, der Musik und der Sprache an.

Schon mit sechs Jahren wurde das Mädchen vergewaltigt. Mit zwölf musste sie zum ersten Mal abtreiben. Mit vierzehn zwang ihre Mutter sie, sich zu prostituieren. Erst nach dem Tod der Mutter hatte sie die Möglichkeit ein »normales« Leben zu führen.
Allerdings brach nach einer Totgeburt alles wieder in ihr auf. Als sie in der Therapie das Malen für sich entdeckte, bekam sie ein Werkzeug in die Hand, daß ihr ermöglichte, über diese furchtbaren Erlebnisse peu á peu hinwegzukommen beziehungsweise sich ihnen zu stellen.

Sommersonnenbesuche
Im Sommer mit acht
Onkelaugen zwischen den Beinen
In mir, grob weh so weh
Erbrochene Grenzen, besudelte Würde
Ungefragt benutzt
Für immer eingeprägt
Kalt, feucht, tot
Wo sind die Engel, um mich zu holen?
Keine Luft mehr nicht schreien nicht wirklich
Ist das jetzt was ich fühle nur ein Traum böser Schein
Nie mehr aufstehen
Ungehörte Schreie
Und alles das war ein Geheimnis
Und alles das blieb ein Geheimnis
Und darf niemand wissen
Keiner merkt es
Keiner sieht es

Die Biographie dieser Frau hat Gabriele Bernstein dazu inspiriert, einen Text zu schreiben, der uns als Vorlage zu unserer Inszenierung des Tanztheaters„Gummibärchen“ gedient hat. Durch den Tanz werden Bilder entwickelt, die sich kontrapunktisch zu dieser Biographie verhalten oder sie unterstützen. Diese Bilder sind kein realistisches Abbild der Geschichte, sondern bieten die Möglichkeit zur Interpretation.
Sprache, Gesang, Schauspiel und vor allem Tanz bilden hier eine dramaturgische Einheit. Ein wesentlicher Bestandteil des Stückes ist unser Bühnenbild, das sich auf viele Kisten beschränkt. Wenn man die Kisten so sieht, sind sie lapidar, erst wenn wir mit ihnen jonglieren, bekommen sie unterschiedliche Bedeutungen: Sie erwecken in uns die Illusion von verschiedenen Orten und Atmosphären.

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Fast täglich erscheint in den Zeitungen ein Artikel, in dem es um sexuellen Missbrauch von Kindern geht. Das sind die Fälle, die öffentlich werden. Das ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Viele Übergriffe werden unter den Teppich gekehrt, kommen nie zur Aufklärung. Oder wenn, dann ist die Tat schon verjährt.
Wie in unserem Stück.

Ich male
ich möchte heil sein einfach so
Keine Wunde in der Seele keine Angst mehr vor Nähe
Lust haben auf Leben und Liebe
Es geht vor und zurück immer wieder
Ich habe Menschen gefunden, die hören
Die glauben was doch kaum zu glauben ist
Und versuchen zu verstehen
Schicht um Schicht füllt sich meine Seele auf
Das Malen ist der Anfang
Aus Ekel und Selbsthass wird ganz allmählich Achten
Mich selber achten

Ich bin eine Überlebende

 

MITWIRKENDE:

MUTANTH (Eva Maria Lajko und Miguel Bejarano Bolívar) und Gabriele Bernstein.

Gabriele Bernstein
Diplom als Schauspielerin an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Engagements am Staatstheater Saarbrücken, Nationaltheater Mannheim, Stadttheater Essen. Tätig als freie Regisseurin, Schauspielerin, Sängerin, Sprecherzieherin.

Einige der Fotos (c) fotowelt.org, Ina Kramer und Markus Tetzlaff, mehr Bilder von Mutanth gibts hier.